Der Drache wird in den Mythologien fast aller Länder erwähnt. Die häufigste Beschreibung ist die eines gewaltigen, reptilienartigen, fliegenden Ungeheuers mit krokodilartiger Schuppenhaut, dem Schwanz einer Schlange und gewaltigen Krallenfüssen, das Feuer speit. Im germanisch-nordischen Sagenkreis wird der Drache auch als Lindwurm bezeichnet.

Der Gattung der Drachen gehörten aber nicht nur bösartige und menschenfeindliche Geschöpfe an. In früheren Zeiten wurden sie von Menschen gerne als Wächter großer Schätze eingesetzt. Die in den Drachenhort gebrachten Schätze waren dort sicher, weil der Drache diesen kaum verließ. Er brauchte nur selten etwas zu fressen und begnügte sich meist mit etwas Vieh. Hin und wieder verzehrte er auch einen Menschen, wenn der sich unvorsichtigerweise zu nah bei der Drachenhöhle aufgehalten hatte.

Nach und nach wurde der Drache eine begehrte Trophäe, da er nicht zuletzt aufgrund seiner magischen Begabung als nahezu unbesiegbar galt und es schon einen besonderen Helden erforderte, um einen Drachen zur Strecke zu bringen. Zudem lockte der sagenhafte Reichtum ihres Drachenhorts viele Glücksritter an.

Die Dienste der Drachentöter wurden immer begehrter, da nicht wenige Gegenden von den gereizten Ungeheuern heimgesucht wurden und manche Jungfrau ihr Leben lassen mußte, um das Ungetüm zu besänftigen. Außerdem waren bestimmte Körperteile eines Drachen sehr gefragt, da ihnen magische Kräfte anhafteten. So wurde derjenige, der sich in Drachenblut badete immun gegen Stich- und Hiebverletzungen und der, welcher ein Drachenherz verspeiste in die Lage versetzt, die Sprache von bestimmten Tierarten zu verstehen. Drachenzähne ergaben ein besonderes Saatgut und der Verzehr einer Drachenzunge verlieh eine außergewönliche Redefertigkeit, die bei Streitgesprächen einen nicht zu unterschätzenden Vorteil darstellte. Vielfach hört man auch, daß die Schuppen eines Drachen vor deren magischem Feuer schützen, was manchem Drachentöter seinen Beruf sehr erleichtert haben soll.

Aufgrund der zunehmend besser ausgerüsteten Helden, die nicht selten magische Utensilien zur Drachenjagd benutzten, war die Gattung der Drachen bald vom Aussterben bedroht. Es ist anzunehmen, daß sich die letzten ihrer Art in Gegenden fernab von den Menschen zurückgezogen haben, wo sie nicht von Schatz- und Beutejägern belästigt werden.

Um die Streitkräfte eines Landes zu vermehren, bedient man sich der Magie von Drachenzähnen. Hierzu benötigt man einen Drachen, den man "nur" fangen und erlegen muß, um ihn seiner Zähne zu berauben. Dieselben Zähne säht man nun sorgfältig in einem entsprechend vorbereiteten Acker aus und wartet auf die ersehnte Ernte. Der aufmerksame Beobachter nimmt als erstes den stählernen Glanz von Speerspitzen wahr, nach und nach gefolgt von noch unterdrücktem Kriegsgeheul, welches sich zunehmend steigert, sobald die ganze wohlgerüstete Kriegerschar dem Boden entwachsen ist. Hier stehen sie nun, aufgereiht, den ausgesähten Zähnen gleich. Doch sollte man wissen, daß diese Armee tunlichst genau zum richtigen Zeitpunkt geerntet werden muß, denn sie ist derart wild und kriegerisch, daß sie kurzerhand denjenigen angreift, der gerade in der Nähe ist. Gut tut folglich derjenige, der Maßnahmen zu seinem Schutz ergreift, bevor die Kriegerschar herangewachsen und kampfbereit ist. Wenn keine Feinde greifbar sind, kann es auch vorkommen, daß sich die Krieger gegenseitig bis zum Tod bekämpfen.