ie Menschen im Mittelalter wurden durch eine stark spirituell und magisch orientierte
Sichtweise in ihrer Wahrnehmung der Realtität geprägt. In jedem Kulturkreis
vermittelten bestimmte Personengruppen die moralischen Grundlagen des menschlichen Daseins,
da ihnen von der jeweiligen Bevölkerung eine tiefere Einsicht in die übergeordneten
Zusammenhänge zugesprochen wurde. Ihre Weltanschauung basierte auf dem ewigen Kampf
zwischen dem Guten und dem Bösen, nach welcher die menschliche Existenz, nur dem Zweck
diente, durch ein entsprechend ausgerichtetes Leben Erlösung zu erlangen oder auf ewig
verdammt zu sein. Jede Erscheinung des Lebens, wie die Auswirkungen von Naturgewalten, aber
auch das persönliche Schicksal eines jeden bis hin zum Tod, wurde dem Willen Gottes (bzw.
der Götter) oder der Böswilligkeit heimtückischer Mächte zugeordnet.
a die geistlichen Führer der jeweiligen Kultur für sich in Anspruch nahmen, im
Besitz der Wahrheit zu sein, wurde ihnen das Recht zugesprochen, die richtige Lebensweise im
Diesseits zu bestimmen. So hatte der "Unwissende" keine andere Möglichkeit, als
ihren Anweisungen zu folgen, wenn seine Seele den ewigen Frieden im Jenseits finden wollte.
Diese aufgezwungene Lebensart ließ sich in einigen Kulturkreisen nicht mehr mit der
ursprünglichen Naturverbundenheit vereinen. Dies entwertete Magie und Zauber zum
Aberglauben. Da den Laien von den "Wissenden" eine tiefere Einsicht in die
übergeordneten Zusammenhänge verwehrt wurde, versuchten sie die Lücken des
Unerklärlichen durch eigene Überlegungen zu füllen. Dieses verschwommene
Weltbild ließ viel Spielraum für Spekulation und Phantasie. Dabei entwickelten sich
durch die Weitergabe und Ergänzung einzelner Geschichten von einer Generation zur anderen
die uns heute bekannten Mythen. Mythen sind somit ein Resultat des Versuchs das
Unerklärliche begreifbar zu machen.
er Wunsch der Menschen nach einem erfüllten Leben, daß der Verwirklichung des
Guten dienen sollte, bewirkte die Verherrlichung von Geschehnissen, die zu Sagen wurden.
Da viele Menschen in den unterschiedlichen Kulturen die Umsetzung ihrer Ideale als höchstes
Ziel im Diesseits ansahen, wurden die Umstände einer außergewöhnlichen Tat so
zu einem bedeutenden Werk geformt, daß in eine zauberhafte Geschichte eingeflochten wurde.
Sagen entstanden also aus wahren Begebenheiten, die durch mündliche Weitergabe nach und
nach phantasievoller ausgeschmückt wurden.
it der Zunahme wissenschaftlicher Erkenntnisse gelangte man zu anderen Einsichten
hinsichtlich unerklärlicher Ereignisse. Man entfernte sich zunehmend davon, diese
Lücken mit Vermutungen zu schließen. Aufgrund unseres Bildungsstandes sind wir heute
in der Lage, die Zusammenhänge vieler Ereignisse methodisch zu erklären. Im
Mittelalter standen diese Mittel jedoch nur in begrenztem Maße zur Verfügung und
das Gebiet der Mythologie war eine Methode, das Unfaßbare in den Alltag aufzunehmen.
ythen sind somit Ausdruck einer gemeinschaftlichen Erfahrungswelt, die nicht streng logisch
orientiert ist. Mit Hilfe der Mythologie können wir an den Anfang der Zeit
zurückgelangen, den Beginn unseres Daseins sowie unserer Herkunft erkennen und eine
andere Sichtweise der Welt entdecken. Dies erfordert eine gewisse
Aufgeschlossenheit, da sich einige Erscheinungen nur schwer mit unserer heutigen
Weltanschauung vereinbaren lassen.
um guten Schluß sei gesagt, daß viele der genannten Mysterien in
unterschiedlichen Kulturen aufgeführt sind und verschiedenartige Inhalte haben,
die hier nicht alle Erwähnung finden. Zudem handelt es sich um einen Bereich, der stark
von mündlichen Überlieferungen geprägt ist und sich nur schwer vereinheitlichen
läßt. Aus diesem Grund haben auch wir Erklärungen hinzugefügt, die uns
mündlich zugetragen wurden. Wir hoffen ihr habt ebensoviel Vergnügen beim
Eintauchen in die wunderbare Welt der Mythen und Sagen.